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Pressebericht 24.06.2015
Artikel in Zeitschrift Engineering
Flock – eine vielseitige Beschichtung
Die Beschichtung namens Flock ist eine unterschätzte Oberfläche für
technische Anwendungen. Denn neben dem samtartigen, angenehmen Gefühl
ist sie technisch raffiniert und ihre Anwendung relativ einfach.
Zuerst wird ein Klebstoff auf die Oberfläche aufgetragen, etwa durch
Sprühen, Tauchen, Siebdruck, Tampondruck etc. Danach werden Flockfasern
elektrostatisch aufgeladen und auf das Bauteil ausgerichtet. Die
Feldlinien der Elektrostatik sorgen dafür, dass die Flockfasern sich
ausrichten und sich senkrecht zur Oberfläche in die Klebstoffschicht
verankert. So können selbst komplexe Geometrien beschichtet werden. Die
Grenzen liegen an der Zugänglichkeit der Stellen und an der offenen Zeit
des Klebstoffes. Kurz gesagt: Überall, wo man mit Klebstoff hinkommt,
kann auch beflockt werden.
Die Einsatzgebiete sind denn auch sehr vielseitig. In Infrarotkabinen
wird das Schutzgitter beflockt, damit sich niemand daran verbrennt. Die
beflockte Oberfläche schützt bis zu einer Temperatur von 160°C. Das
Ganze funktioniert auch bei minus Temperaturen (bis -40°C), wenn man
nicht möchte das sich durch die Berührung jemand unterkühlt. Oder bei
Kunststoffhandschuhen für den Haushaltsbereich, mit «Antischwitzschutz»,
da wirde der Innenbereich beflockt. Selbst ein Hersteller eines
Wischmopps schwört auf Flock bei der Reinigung. Eine Langzeitstudie hat
festgestellt, dass die partielle Beflockung die Schmutzpartikel optimal
vom Boden aufnimmt und beim anschliessenden Auswaschen des Mopps im
Wasser wieder abgeben kann.
Auch für hochempfindliche Oberflächen die leicht verkratzten, wenn
die Teile konfektioniert oder mit einem anderen Teil verpresst werden
eignet sich Flock. In diesem Fall wird die Vorrichtung, in der das Teil
liegt, beflockt. Damit ist die Oberfläche vor Verkratzungen geschützt.
Ein weiteres Beispiel findet sich bei einem Schweizer Hersteller für
Aluminium-Dachschindeln, die auf der Rückseite eine beflockte Oberfläche
besitzen. Zwei Gründe dafür: Erstens verhindert die Beschichtung
Kondenswasserbildung an der Rückseite, zweitens reduziert sie
Geräuschübertragung bei Regen, sodass die Bewohner des Hauses ruhiger
schlafen können.
Flock haftet zwar auf den meisten Materialien wie Kunststoff, Metall,
Schaumstoff, Holz, Keramik und Glas. Allerdings gibt es noch keinen
Klebstoff für Silikone. Eine Herausforderung ist auch das Beflocken von
Bohrungen mit geringem Durchmesser, weil der faradaysche Käfig der
Elektrostatik entgegen wirkt. Anspruchsvoll ist es auch, nur
Teilbereiche an einem komplexen Bauteil zu beflocken, weil der Rest
maskiert werden muss. Dies ist oft zeit- und kostenintensiv. Genauso
schwierig wird es, bei einem 2K-Teil den richtigen Klebstoff zu finden,
damit dieser auf beiden Materialien eine Haftung hat und die gleichen
Eigenschaften erfüllt.
Herausforderungen wollen und können gemeistert werden. Darum gibt es
eine Anwendung für «Antifouling» bei Schiffsrümpfen. Es ist einer
Niederländischen Firma gelungen, den Algenbewuchs mit Beflockung zu
vermindern, sogar fast zu verhindern. Entwickelt wurde eine Art
«beflockte Tapete», die auf dem Schiffsrumpf aufgeklebt wurde.
Die Jahrelange Erfahrung zeigte nun, dass die Beflockung tatsächlich
keine Algenbildung zulässt. Und wenn sich trotzdem Algen ansetzen, dann
nur im geringen Maße. Sofern das Schiff oder Boot regelmässig bewegt
wird, werden diese Algen durch das Wasser abgewaschen. Aber selbst wenn
ein Boot mehrere Monate nicht bewegt wird, setzen sich die Algen zwar an
den Flockfasern ab, können allerdings nicht richtig anhaften. Dann
können sie einfach durch einen Tauchgang und Abstreifen mit z.B. der
Hand entfernt werden.
Beflockung ist eine vielseitige Beschichtung und dürfte in Zukunft noch einige freudige Überraschungen bringen.
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